Warum gibt es immer mehr Allergiker*innen?
In Deutschland und Österreich hat die Zahl der Allergiker*innen über alle Altersklassen hinweg in den letzten Jahrzehnten rasant zugenommen. Mehr als 20% der deutschen und österreichischen Bevölkerung sind aktuell betroffen – die Tendenz bleibt steigend. Die Ursachen hierfür sind noch nicht eindeutig geklärt, denn Allergien entwickeln sich durch ein komplexes Zusammenwirken verschiedener Faktoren. Vermehrte Umweltbelastungen (Schadstoffe in Innenräumen und der Außenluft) und der Klimawandel mit den damit verbundenen Veränderungen der Pflanzen und Blütezeiten (mehr Pollen, höherer Anteil an Pollenallergenen, längere Pollenflugzeiten) scheinen beispielsweise mitverantwortlich für die starke Zunahme allergischer Erkrankungen.
Moderner Lebensstil beeinflusst unser Immunsystem
Eine weitere mögliche Erklärung liefert unsere veränderte Lebensweise, speziell in Städten. Aufgrund immer besserer Hygieneverhältnisse wird unser Immunsystem zu wenig gefordert (Hygienehypothese). Dies scheint wiederum Fehlsteuerungen, die letztlich zu einem überempfindlichen Immunsystem führen, zu fördern. Diese Annahme bestätigen Untersuchungen, die zeigen, dass das Aufwachsen mit vielen Geschwistern (viele Kinder bedeuten meist mehr Infektionen in der Familie) sowie das Leben auf einem Bauernhof vor Allergien zu schützen scheint.
Allergie-Veranlagung liegt in der Familie
Neben den äußeren Faktoren spielt eine erbliche Veranlagung nachweislich bei der Entstehung einer Allergie eine große Rolle. Leidet ein Elternteil an einer Allergie, liegt das Risiko einer Allergie-Vorbelastung für das Kind bei 20 bis 40%. Sind beide Eltern betroffen, steigt das Risiko auf 40 bis 60%, haben Mutter und Vater die gleiche Allergie, z.B. eine Pollenallergie, sind es sogar bis zu 80%4. Ein konkretes “Allergie-Gen” gibt es jedoch nicht. Bekannt sind etwa 150 Gen-Varianten, die die Bereitschaft für eine bestimmte allergische Reaktion erhöhen.
Allergieprävention: Stillen & Nicht-Rauchen
Viele Faktoren, die zur Entstehung einer Allergie beitragen wie die genetische Vorbelastung, sind unvermeidbar. Es gibt aber Untersuchungen, dass weitere beeinflussbare Faktoren die Entwicklung einer Allergie begünstigen (z.B. aktives oder passives Rauchen, Kaiserschnittentbindung) oder davor schützen können. Mögliche Schutzfaktoren sind5:
- Fischkonsum in der Schwangerschaft, Stillzeit und Beikost
- Stillen, mindestens 4 Monate lang falls Mütter nicht stillen können, sollten sie ihrem Kind hypoallergene (HA)-Säuglingsnahrung geben
- rauchfreie Umgebung, bereits in der Schwangerschaft
- Durchführung empfehlenswerter Impfungen im Kindesalter (Impfkalender der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Berliner Robert Koch-Institut und Österreichischer Impfplan)
- bei Risikokindern, d.h. mindestens ein Elternteil ist Allergiker, ist es ratsam, keine Katzen zu halten
- Übergewicht vermeiden
- mit regelmäßigem Stoßlüften feuchtem Raumklima und damit einer Schimmelpilzbildung vorbeugen
- Schadstoffe in Innen- und Außenräumen von Kindern fernhalten (u.a. Passivrauch, Teppichböden und Federkissen im Kinderzimmer, Haustiere, Auto-Abgase wie Stickoxide)
Quellen:
- Positionspapier der Kommission Umweltmedizin am Robert Koch-Institut „Aktueller Stand zur Verbreitung von Allergien in Deutschland“, Karl-Christian Bergmann, Joachim Heinrich, Hildegard Niemann, Allergo J Int 2016; 25: 6-10
- http://www.ecarf.org
- Bundesministerium für Gesundheit: Austrian Health Interview Survey (ATHIS), S. 23: https://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/1/6/8/CH1066/CMS1448449619038/gesundheitsbefragung_2014.pdf
- Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung (IGAV), Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (ÖGAI): http://alt.allergenvermeidung.org/picture/upload/IGAV-Allergien-bei-Kindern-und-Jugendlichen_300dpi.pdf
- http://www.daab.de/allergien (Dt. Allergie- & Asthmabund)
- http://www.dha-allergien.de
- Aktuelle S3-Leitlinie 061/016 Allergieprävention, Juli 2014